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Wirksamkeit und Kosten von stadtklimatischen Massnahmen
Interview VGZW mit Yvonne Bont, geführt im Januar 2025

Yvonne Bont beschäftigt sich im Rahmen ihrer Abschlussarbeit für das CAS Stadtklima Hitzeminderung an der HSLU Luzern intensiv mit dem Thema der urbanen Klimananpassung. Sie entwickelt Massnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas mit besonderem Fokus auf den Schnittstellen zwischen Architektur, Urbanismus und Umwelt und verfolgt damit einen ganzheitlichen Ansatz. Dabei ist es ihr ein grosses Anliegen, unterschiedliche Akteure aus dem Bauwesen, der Verwaltung und dem Design zusammenzubringen, um gemeinsam passende Lösungen zu entwickeln.
Das nachfolgende Gespräch mit Yvonne Bont thematisiert die verschiedenen Massnahmen, die zu Verbesserungen des Stadtklimas beitragen können, und bezieht sich dabei auf die Abschlussarbeit von Yvonne Bont, die sie im Rahmen des CAS Stadtklima am Beispiel einer Liegenschaft in Zürich-West erarbeitet hat.
VGZW: Danke, dass du heute Zeit für dieses Interview gefunden hast. Was sind aus deiner Sicht wichtige, aber auch überraschende Erkenntnisse deiner Arbeit im Rahmen des CAS Stadtklima?
Yvonne Bont: Eine der überraschendsten Erkenntnisse war, wie wenig mit bereits vorhandenen Zahlen und Daten gearbeitet wird. Es gibt zum Beispiel viele Kennwerte, wie etwa Kosten pro Quadratmeter, die jedoch kaum genutzt werden, um den faktenbasierten Mehrwert von Massnahmen wie Begrünung oder Regenwassermanagement zu berechnen. Oft wird spekuliert, aber es fehlt an einer faktenbasierten Herangehensweise. Das muss sich ändern, insbesondere wenn man den Immobilienmarkt erreichen möchte. Bei den BauherrInnen wird oft zuerst das Design des Gebäudes festgelegt, ohne nachhaltige Aspekte zu berücksichtigen. Der Nutzen eines Baus für das Klima und die Biodiversität sollten bereits zu Beginn der Planung eingebunden werden. Grosse Glasflächen ohne Beschattung sind nicht nur an Lagen mit guter Aussicht relevant, sondern bestimmen nach wie vor Architektur und Städtebau, ohne zu hinterfragen, welche negativen Auswirkungen hier entstehen können.
VGZW: Ein interessanter Aspekt, den Sie ansprechen, ist die Bedeutung von Massnahmen für eine ganzheitliche Immobilienperspektive. Wie können Massnahmen im Bereich Klima und Biodiversität aktiv hierzu beitragen?
Yvonne Bont: Massnahmen wie Fassaden- oder Dachbegrünung tragen nicht nur zur Verbesserung des Stadtklimas bei, sondern können auch den ästhetischen Wert eines Gebäudes steigern und das Wohlbefinden der Bewohner fördern. Wenn die Mieter zufriedener sind, sind sie eher bereit, höhere Mieten zu zahlen. Dies kann die Wirtschaftlichkeit von Projekten langfristig verbessern. Auch wenn der Nutzen noch schwer quantifizierbar ist, darf man die positiven Effekte auf das Image und das soziale Klima eines Quartiers nicht unterschätzen.
VGZW: Wir unterstützen diese Aussagen. Die Wertsteigerung durch solche Massnahmen ist schwer messbar, aber der Imagegewinn ist nicht zu unterschätzen. Wir sehen es bei unseren Projekten mit Begrünungsmassnahmen – Rückmeldungen zeigen, dass die Mieter und Nutzer grüne Flächen und nachhaltige Massnahmen schätzen. Das führt zu einer höheren Zufriedenheit und einer stärkeren Bindung an das Gebäude. Wir sind überzeugt, dass die Nachfrage nach umweltfreundlichen und klimafreundlichen Gebäuden in Zukunft weiter steigen wird.
VGZW: Gibt es geeignete Zeitpunkte/Zeiträume für die Umsetzung solcher Massnahmen z.B. im Zyklus der Gebäudebewirtschaftung?
Yvonne Bont: Ja, etwa bei Dachsanierungen oder der Neugestaltung von Aussenbereichen. In solchen Fällen können notwendige Massnahmen wie Abdichtung, Neubepflanzung und Neugestaltung durch Dachbegrünungen und Projekte zur Förderung der Biodiversität ergänzt werden. Lösungen wie Staudenbeete, schattenspendende Bepflanzung, wasserrückhaltende Substrate etc. verbessern nicht nur die Biodiversität, sondern auch die Aufenthaltsqualität. Denkbar sind auch temporäre Massnahmen wie bewässerte Pflanztröge, bemoostes Mobiliar oder modulare Greenwall-Elemente, die flexibel eingesetzt und an anderen Orten wiederverwendet werden können.


Es gibt bereits ein paar gute Beispiele in Zürich West. Die ZKB ist hier mit ersten Massnahmen vorangegangen und hat mit der Begrünung der Kurve Viadukt, der Innenhofbegrünung oder dem Naschgarten auf dem Dach erste Massnahmen umgesetzt. Die PSP hat ebenfalls spannende Projekte realisiert. Da wäre die Umgebungs- und Dachgestaltung des Atmos Gebäudes oder die Fassadenbegrünung des Parkhauses West an der Förrlibuckstrasse, etc. Und es gibt weitere gute Beispiele in Zürich-West, die zeigen, dass mit akzeptablem Aufwand eine grosse Wirkung erzielt werden kann.
VGZW: Was wären mittelfristige Lösungsansätze?
Yvonne Bont: Hierzu zählen beispielsweise grüne Elemente wie Green-Walls wie diese bei einem Projekt in Glattbrugg vor das Gebäude gesetzt wurden. Hierdurch konnte die Kühlleistung um 35% gesenkt werden. Solche Massnahmen verbessern auch das Mikroklima der Umgebung. Allerdings ist dafür oft ein zusätzlicher Aufwand im Hinblick auf die baurechtliche Bewilligung nötig.


VGZW: Abschliessend, was sind aus eurer Sicht die wichtigsten nächsten Schritte, um in Zürich-West konkrete Veränderungen zu bewirken?
Yvonne Bont: Der Verein sollte als Plattform dienen, um Wissen zu verbreiten und den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren zu fördern. Wir müssen die Stadt stärker in die Planung einbeziehen und sicherstellen, dass Massnahmen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit anderen Quartierslösungen betrachtet werden. Wirtschaftlichkeit spielt dabei eine zentrale Rolle. Gleichzeitig sollten wir kreative und vernetzte Ansätze entwickeln, die für alle Beteiligten von Vorteil sind. Auch im Sinne der Vernetzung bietet der Verein die Chance über die Grundstücksgrenzen hinaus zu denken und mit seinen Mitgliedern nach Lösungen zu suchen z.B. Vernetzung von Grünräumen, gemeinsames Management von Regenwasser und damit auch die Möglichkeit, geeigneten Orte für die jeweiligen Massnahmen zu nutzen. Hilfreich könnte auch ein Tool sein, das bei Entscheidungen unterstützt, indem es transparent macht, welche Zusatzkosten und welcher Nutzen durch bestimmte Massnahmen entstehen. Niederschwellige Ansätze bieten zudem einen guten Einstieg, insbesondere wenn sie mit Förderprogrammen kombiniert werden. Dadurch wird es einfacher, erste Schritte in Richtung nachhaltiger Lösungen zu gehen.
VGZW: Wir stimmen zu. Es haben verschiedentlich Gespräche zwischen Grundeigentümern untereinander und mit der Stadt stadtgefunden. Diese Gespräche sollen vermehrt stattfinden, damit den Grundeigentümern der Mehrwert von Klimamassnahmen nähergebracht werden kann. Gleichzeitig sollte eng mit der Stadt kooperiert werden, um abgestimmte Lösungen zu entwickeln. Diesbezüglich haben bereits erste Gespräche im Rahmen der Wiederaufnahme des Freiraumkonzepts stattgefunden. Der Schlüssel liegt in der Zusammenarbeit – über alle Ebenen hinweg. Dabei könnten die attraktiven Förderprogramme der Stadt für private Massnahmen stärker genutzt werden.
Herzlichen Dank, Yvonne, dass du dir die Zeit für dieses aufschlussreiche Interview genommen hast. Deine wertvollen Einblicke und Ideen zur Klimaanpassung zeige spannende Ansätze für die Weiterentwicklung von Zürch-West auf.
Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg.
Ausblick – Termine 2025
Generalversammlung: 18. September 2025
Auch in diesem Jahr werden wir die Generalversammlung dazu nutzen, um einen Überblick über laufende Projekte in Zürich-West zu geben. Darüber hinaus wird ausreichend Gelegenheit für persönlichen Austausch und lebhafte Diskussionen unter den Mitgliedern bestehen. Bitte merken Sie sich bereits jetzt den 18. September 2025, ab 16:00 Uhr, vor.

Zurückliegende Mailings
Mit den VGZW News soll zur aktiven Kommunikation innerhalb des Vereins zwischen den Mitgliedern aber auch zu an der Entwicklung von Zürich West aktiv Interessierten beigetragen werden. Zweimal jährlich werden die VGZW News auf der neuen Webpage oder aber auch im Direktabonnement (per Mail) mit aktuellen Informationen erscheinen. Eine aktive Mitarbeit der Mitglieder ist erwünscht.